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Das war der VBI-Bundeskongress 2023 in Weimar

21. November 2023

Ein rustikaler Vorababend im ältesten Studentenclub Deutschlands, ein Blick auf globale Krisen und Trends, eine KI, die mühelos den mehrfachen Europameister im Brettspiel Go besiegt und die Erkenntnis, dass deutsche Planungsunternehmen mehr in Cybersicherheit investieren müssen, während eine Reduzierung von Standards am Bau sinnvoll sein kann, um das Bauen zu vereinfachen und damit zu beschleunigen.

In Weimar diskutierten wir unter dem Titel Megatrends der Planungswirtschaft mit namhaften Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, welche neuen Möglichkeiten die künstliche Intelligenz bietet und wie wir uns vor Cyberattacken schützen können. Dabei blickten wir auch nach Europa und diskutierten, wie EU und Green Deal die deutsche Planungsbranche verändern und welche Chancen darin für deutsche Ingenieurunternehmen liegen. Einig waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass die Herausforderungen von Energiewende, Verkehrswende und Wohnungsbau, nur mit innovativen Ideen von Ingenieurinnen und Ingenieuren lösbar sind.

Moderiert von MDR-Moderatorin Sina Reeder, eröffneten VBI-Präsident Jörg Thiele und der Landesvorsitzende des VBI-Thüringen, Karl-Heinz Bartl, den VBI-Bundeskongress. Ministerpräsident Bodo Ramelow grüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einer Videobotschaft und betonte die gesellschaftliche Bedeutung der Branche für eine nachhaltig gebaute Umwelt.

In seinem Vortrag Die deutsche Wirtschaft auf der Kippe? warf Prof. Dr. Tobias Just, Professor für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg, einen wissenschaftlichen Blick auf die Verschiebung langfristiger Trends. Dabei stellte er fest, dass gerade Städte immer im Wandel sind und dies ihr wesentliches Merkmal sei. Ob sich der Wandel positiv oder negativ auswirkt, hänge maßgeblich von den Faktoren Wachstum, Zinsen, Demografie und Bautätigkeit ab. Auch wenn der Ausblick für 2024 angespannt sei, warf er einen optimistischen Blick in die Zukunft.

Publizist Sascha Lobo begeisterte mit seinem Vortrag über die Künstliche Intelligenz (KI). So sei KI schon heute nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken und wird sich zukünftig noch viel stärker in unser aller Leben bemerkbar machen. Sinnvoll eingesetzt, könne KI sogar Leben retten und bspw. die Bewegungsmuster von Menschen im Schwimmbecken erkennen, die kurz vor dem Ertrinken sind. Besonders unterhaltsam wurde es, als Lobo über AlphaGo sprach, einen KI-Algorithmus, der den amtierenden Europameister im Brettspiel Go besiegt hat. AlphaGo analysierte jede einzelne Spielsituation mit einer unglaublichen Geschwindigkeit und Präzision. Es nutzte seine Fähigkeit, Millionen von möglichen Zügen zu berechnen und die besten Optionen auszuwählen. Dabei berücksichtigte die KI nicht nur den aktuellen Zustand des Spielfeldes, sondern auch vergangene Partien und Strategien anderer Spieler. Dieser Sieg von AlphaGo markierte einen Meilenstein in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz. Er zeigte, dass Maschinen in der Lage sind, menschliche Experten in komplexen strategischen Spielen zu übertreffen. Lobo schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis, dass KI den Menschen nicht ersetzen wird. Vielmehr wird es ein Mensch sein, der mit KI arbeitet und den Menschen ersetzt, der dies nicht tut.

In der anschließenden Paneldiskussion Cybersecurity im Ingenieurunternehmen mit Sascha Lobo, Bodo Meseke, Partner Ernst & Young, Forensic Technologies Cyber Response Services Leader, Thomas Kirmayr, Geschäftsführer Mittelstand-Digital Zentrum Bau, Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Simran Mann, Referentin Sicherheitspolitik, Bitkom e. V. und Peter Danil, Cyber-Sicherheit für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU), BSI waren sich alle Teilnehmer einig, dass Deutschland zwar insgesamt gut aufgestellt sei in Sachen Cyber-Sicherheit, viele Unternehmen aber nach wie vor zu wenig täten. Bodo Meseke berichtete aus der Praxis, dass gerade KMU oft noch im Blindflug unterwegs und nicht erkennen würden, dass Daten ihr wichtigstes Gut sind.

Simran Mann verwies darauf, dass 20 Prozent des Digitalbudgets in IT-Sicherheit investiert werden sollten, aktuell sind es 14 Prozent. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hätte dabei wie ein Beschleuniger gewirkt und die Sensibilität für IT-Sicherheit erhöht.

Sascha Lobo betonte, dass der Ansatz “one-size-fits-all” gerade im Bereich der IT-Sicherheit nicht das gewünschte Ergebnis bringt. Wichtig sei immer eine individuelle Analyse von Experten und eine daraus abgeleitete Handlungsempfehlung zur Entwicklung einer eigenen Sicherheitsarchitektur.

Den Blick nach Europa warf das international besetzte Panel um EFCA-Präsidentin Inés Ferguson, Prof. Dr. Pedro Mateus das Neves, Gründer und CEO von Global Solutions sowie VBI-Mitglied Jeffrey Seeck, Vorsitzender des EFCA Future Trends Committee. Prof. Dr. das Neves betonte in seinem Statement, dass Ingenieurinnen und Ingenieure nicht nur technische Experten für komplexe Herausforderungen seien, sondern letztlich die Designer unserer gesellschaftlichen Zukunft. Inés Ferguson ergänzte, dass deutsche Planungsunternehmen mit Blick auf unternehmerische Chancen in Europa sehr optimistisch sein sollten, da es in allen Bereichen allerhand zu tun gäbe. Jeffrey Seeck berichtete von der Arbeit des EFCA Future Trends Committee und stellte den neuen Bericht Wie mache ich mein Unternehmen fit für die Zukunft? – Ein Handbuch für beratende Ingenieure in unsicheren Zeiten vor.

Der VBI engagiert sich seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine für den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur. Im Zuge dessen war es eine besondere Freude, Prof. Dr. Oleksandr Nepomnyashchyy, den Präsidenten des Ukrainischen VBI-Partnerverbands ICEG, begrüßen zu dürfen. In seinem Vortrag bedankte sich Prof. Dr. Nepomnyashchyy für die Bereitschaft deutscher Planungsunternehmen zum Engagement in der Ukraine und zeigte Beispiele von bereits wiederaufgebauter Infrastruktur in zurückeroberten Gebieten. Wenn auch Sie sich mit Ihrem Unternehmen am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen möchten, finden Sie hier ein FAQ zur Teilnahme von deutschen Ingenieurunternehmen an Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber in der Ukraine.

Im letzten Panel diskutierten Dr. Tillman Prinz, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer, Prof. Dr. Gerd Motzke, ehem. Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München, Michael Halstenberg, Rechtsanwalt, Ministerialdirektor a. D. und Daniel Lambrecht, VBI-Bundesvorstand darüber, wie der Hochbau aus der Krise kommen kann. Prof. Dr. Motzke stellte fest: “Wir bauen immer die Mercedes S-Klasse aus reiner Panik vor der Haftung.” und Michael Halstenberg ergänzte: “Wir lassen die Leute gesetzlich experimentieren, weil wir eine Norm, also eine Empfehlung, zum absoluten Maßstab gemacht haben.” Dr. Tillman Prinz zeigte sich optimistisch, dass die Initiative zum Gebäudetyp E, vielleicht sogar noch in diesem Jahr erste Erfolge zeige.

Den Schlusspunkt setzen VBI-Präsident Jörg Thiele, der Landesvorsitzende des VBI-Thüringen, Karl-Heinz Bartl und VBI-Hauptgeschäftsführer Sascha Steuer.